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Tantra - Der hinduistische Ursprung und Bezug

Experten sind sich noch uneins darüber, ob das Hindu-Tantra oder das buddhistische zuerst da war, oder ob sich gar beide Richtungen aus einer heidnischen und mittlerweile verschütteten Urquelle speisen

Wenn in einem vorigen Eintrag davon die Rede war, die tantrische Geschichte würde sich schon über drei Jahrtausende erstrecken, dann ist das richtig - im Prinzip. 

Aber das Frühe davon liegt im Dunkel und Unklaren.

Problematisch ist aber, dass es kaum faktische und allgemein anerkannte Belege für tantrische Formen und Entwicklungen vor dem 5. Jahrhundert gibt.

Trotzdem gab es erstzunehmende Versuche, diese Traditionen viel früher zurückzuverfolgen, zu verorten, zur Zeit Buddhas oder der alten Hindus, oder sogar zurück zur ersten Zivilisation des Indus-Tals.

Aber beispielsweise sind sich die Experten uneins darüber, ob das Hindu-Tantra oder das buddhistische zuerst da war, oder ob sich gar beide Richtungen aus einer heidnischen und mittlerweile verschütteten Urquelle speisen

An solchen Gelehrten- Diskussionen soll sich hier nicht beteiligt werden, sondern nur kleine thematische Rundumschläge ausgeteilt werden.

Konsens scheint jedenfalls, dass man von einem hinduistischen Kontext des Tantra und frühen Entwicklung ausgehen kann.

 

Der Andachtsaspekt

Mitte bis Ende des ersten Jahrtausends erlebte der Hinduismus eine bemerkenswerte Reihe von Transformationen, von der alten vedischen Tradition zur dann klassischen Formierung hin. In dieser Zeit entstanden sowohl die tantrischen als auch die bhaktischen Andachtsbewegungen. Während letztere von der Tendenz zum Monotheismus in der spätvedischen Literatur ausging, entwickelte sich der Tantrismus aus vedischen Ritualtraditionen als auch aus den yogischen und meditativen Traditionen, die sich sowohl im alten Hinduismus als auch in rivalisierenden buddhistischen und jainischen Traditionen entwickelten. 

Der Hinduismus, wie er gegenwärtig praktiziert wird, ist ein Produkt der Vermischung von tantrischen und andächtigen Ansätzen zur Praxis, die während des ersten Jahrtausends entwickelt wurden.

 

Die ewigen Missverständnisse

Die tantrischen Wurzeln des Hinduismus und auch des Buddhismus - dazu kommen wir später - waren gleichzeitig berüchtigt und oft missverstanden. Aufgrund der starken Verbindung von tantrischen Traditionen mit magischen Praktiken und des sogenannten "linkshändigen Wegs" (v?m?c?ra) mit Sexualität und gewalttätigen rituellen Praktiken wurden die tantrischen Lehren immer wieder zumindest in den letzten Jahrhunderten assoziiert mit schwarzer Magie. 

Klar scheint, dass tantrische Traditionen in ihrem ursprünglich enormen Einfluss auf die Praxis des Hinduismus gegenwärtig von den meisten Hindus kaum noch beachtet und geschätzt werden. 

In globaler Perspektive ergibt sich aber eine bemerkenswerte Asymmetrie. Denn der Begriff Tantra ist im Westen jetzt populärer als in seinem Ursprungsland Indien, wenn auch nach wie vor auf verschiedenste Weise missverstanden.

So wird er landläufig sowohl mit Sex, exotischer Freizügigkeit und Enthemmung als auch mit östlicher Duldsamkeit, Toleranz und Askese verknüpft.

Tantra, das ist auch eine Provokation, die wohl zeitlos ist und universell.

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